Wildbiene des Monats Oktober 2020: Gewöhnliche Löcherbiene (Heriades truncorum, LINNAEUS 1758)
Die Flugsaison unserer heimischen Wildbienen ist für dieses Jahr beinahe beendet. Nur wenige Seiden- und Schmalbienen sind noch unterwegs. Auch vereinzelte Holzbienen und wenige Hummelarten können wir mit etwas Glück noch im Garten oder am Wegrain beobachten. Eine weitere, eher spätfliegende Art Mitteleuropas ist unsere Wildbiene des Monats Oktober: Die Gewöhnliche Löcherbiene. Mit viel Glück ist sie in diesen Herbsttagen noch zu sehen.
Die kleine 6 bis 7 Millimeter große Biene ist überwiegend schwarz gefärbt. Sie besitzt schmale, weiße Haarfransen an den hinteren Rändern der Hinterleibssegmente. Zudem haben sie einen kurzen und spitz zulaufenden Kopf beziehungsweise Oberkiefer. Die Männchen können wir im Feld an ihrem eingekrümmten Hinterleib und die Weibchen anhand ihrer dunkelgelben Bauchbürste erkennen. Löcherbienen sind Bauchsammler, wie dies auch bei Mauer-, Woll- oder Blattschneiderbienen zu beobachten ist.
Die weit verbreitete Gewöhnliche Löcherbiene findet sich in weiten Teilen Nordafrikas und Eurasiens, von Portugal bis Sibirien. Die Spätsommerart gilt in Deutschland in ihrem Bestand als nicht gefährdet. Sie ist in Waldrändern und Waldlichtungen, Kahlschlägen, Streuobstwiesen, in Hecken, Feldgehölzen und oft im Siedlungsbereich zu finden. Unsere Wildbiene des Monats lässt sich somit auch auf den heimischen Balkon oder in den Garten locken. Als Hohlraumbesiedlerin ist sie Nachnutzerin von Käferfraßgängen. Die Wildbienenart ist somit auf Totholz angewiesen, nutzt aber auch hohle Pflanzenstängel.
Als Baumaterial verwendet sie Harz von Nadel- oder Laubbäumen, um Zwischenwände für ihre Brutzellen zu fertigen. Den Nestverschluss baut sie ebenfalls aus Baumharzen, welcher mit Steinchen und Sandkörnern vermengt ist. Etwa 45 Tage nach der Eiablage spinnt die Larve einen Kokon. Löcherbienen überwintern daraufhin als Ruhelarve, ehe sie im Frühsommer des Folgejahres schlüpfen.
Alle Löcherbienen sind spezialisiert auf Korbblütler (Asteraceae) wie: Alant (Inula spec.), Hundskamillen (Anthemis spec.), Wiesen-Schafgarbe (Achillea millefolium), Rainfarn (Tanacetum vulgare) Rispen-Flockenblume (Centaurea stoebe) und Wegwarte (Cichorium intybus). Sie fliegen in einer Generation von Mitte Juni bis etwa Ende September.
Neben der Kurzen Düsterbiene (Stelis breviuscula), die große Ähnlichkeit im äußeren Erscheinungsbild mit ihrem Wirt hat, parasitiert auch die Zehnpunkt-Keulenwespe (Sapygina decemguttata) an der Gewöhnlichen Löcherbiene. Die Keulenwespe bevorzugt vor allem die äußeren Nistzellen der Wildbiene. Sobald das Weibchen der Gewöhnlichen Löcherbiene für die Verproviantierung ihrer Brutzellen unterwegs ist, kann es passieren, dass die Keulenwespe mit ihrem langen Legestachel ein Ei mitten in die Pollenvorräte der Wildbienenart legt. Nach dem Schlüpfen der Keulenwespenlarve greift diese die Wirtslarve an, die sie in fünf bis sieben Tagen aufzehrt.
Um der Gewöhnliche Löcherbiene auch in unseren Gärten oder auf unseren Balkonen einen Lebensraum anzubieten, benötigen wir neben einer künstlichen Nisthilfe viele heimische spätblühende Korbblütler, zum Beispiel Herbstastern.
Wertvolle Tipps, wie bienenfreundliche Strukturen gestaltet werden können, finden Sie auf unseren Webseiten: www.wir-tun-was-fuer-bienen.de und www.deutschland-summt.de.
Literatur
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Jakumeit, Daniel (2019): Lebensraum Garten – Mini Tipps, Aktiv Natur schützen im eigenen Garten, 20 Tipps für Projekte aus der Praxis für die Praxis
Hemmer, Cornelis & Corinna Hölzer (2017): Wir tun was für Bienen. Wildbienengarten, Insektenhotel und Stadtimkerei, Kosmos-Verlag, Stuttgart
Michener, Charles D. (2007): The Bees of the World, The Johns Hopkins University Press, Baltimore
Scheuchl, Erwin, & Willner, Wolfgang (2016): Taschenlexikon der Wildbienen Mitteleuropas: Alle Arten im Porträt; Quelle & Meyer Verlag GmbH & Co, Wiebelsheim
Vereecken, Nicolas (2019): Wildbienen entdecken & schützen, BLV, ein Imprint von GRÄFE UND UNZER Verlag
Westrich, Paul (2019): Die Wildbienen Deutschlands; 2.Aufl., 1700 Farbfotos; Ulmer-Verlag; Stuttgart