Insekt des Jahres
Jedes Jahr rückt eine Insektenart ins Scheinwerferlicht und darf sich mit dem Titel „Insekt des Jahres“ schmücken. Eine Jury, die unter anderem aus Vertreterinnen und Vertretern von Forschungsinstitutionen besteht, vergibt die Auszeichnung bereits seit mehr als 20 Jahren.
Darum die Insekten-Kür

Viele Menschen finden Insekten wenig sympathisch, dabei leisten sie beachtliches: Sie bestäuben Pflanzen und helfen beim Abbau von altem tierischen und pflanzlichen Material. Gleichzeitig sind sie Nahrungsgrundlage für zahlreiche andere Tiere - darunter Vögel, Säuger und Fische - und sie leisten noch viel mehr. Höchste Zeit also, den Insekten mehr Wertschätzung entgegenzubringen! Und genau das möchte die Jury mit der Kür des „Insekt des Jahres“ bewirken.
Auf dieser Seite präsentieren wir das Gewinner-Insekt seit dem Jahr 2016. Wer neugierig auf die Vorjahre ist, findet die Artenporträts auf der Website der Deutschen Gesellschaft für allgemeine und angewandte Entomologie e.V.

Der bis zu 35 mm große flugunfähige Käfer gehört zur Familie der Ölkäfer, welche in Mitteleuropa mit 37 Arten vertreten ist. Ihr länglich gedrungener Körper ist durch ein stark angeschwollenes Hinterteil gekennzeichnet. Mit ihren stark verkürzten Flügeln wirken sie sehr schwerfällig. Die schwarz bis schwarzblau gefärbten Insekten finden sich an meist sandigen offenen Stellen der Kulturlandschaft in Heiden, Trockenrasen, Streuobstwiesen, Wald- und Ackerrändern, wo sie sich von Pflanzenteilen ernähren. Aber auch Sand- und Kiesgruben sowie Steinbrüche gehören zu seinen Habitaten.
Bei drohender Gefahr sondern die Tiere ein Wehrsekret ab – das giftige Cantharidin. Schon die Ärzte der griechischen Antike nutzten den Naturstoff, um eine Fülle von Krankheiten zu behandeln. Seit dem 16. Jahrhundert ist der Gebrauch von Ölkäfern zur Behandlung von chronischen Hautkrankheiten, Gonorrhoe, Nieren und Blasensteinen als auch als Wurm- und Abtreibungsmittel bekannt. Neben seiner medizinischen Wirkung sagt man dem Stoff auch eine aphrodisierende Wirkung nach, weshalb Ölkäfer in Honig zubereitet ein verbreiteter Liebestrank war.

Die Weibchen des Blauschwarzen Ölkäfers können bis zu 40.000 Eier während ihrer Reproduktionsphase ablegen. Die drei Millimeter langen Larven der Käfer (Triungulinus) erklimmen eine Blüte und klammern sich an einer heranfliegenden Wildbiene fest, um sich daraufhin zum Nest transportieren zu lassen. Dort entwickeln sich die Käferlarven als madenartiger Parasit weiter, nachdem sie das Bienenei gefressen haben. Die Zweitlarve ernährt sich von den Nektar-Pollenvorräten der Wildbienen. Nach der Überwinterung im Boden schlüpfen die Käferimagos ab März. Das Verhältnis von Käfern und Bienen beschreibt demnach eine besondere Wirkunsgkette.
Durch den Verlust von Lebensraum und die Gefahren des zunehmenden Straßenverkehrs, wird der Käfer für Deutschland als gefährdet eingestuft. Um selbst aktiv zu werden errichten sie Sandlinsen und sorgen für offene Stellen im Boden. Damit fördern Sie Wildbienen und Käfer.

Das Insekt des Jahres ist eine echte Frühlingsbotin und bereits zum zweiten Mal eine Wildbiene. Sie fliegt von Anfang April bis etwa Mitte Juni in einer Generation. Die Rostrote Mauerbiene hat eine Körpergröße von bis zu 13 Millimeter und ist gekennzeichnet durch auffallend lange Fühler. Ihre dunkelbraune Färbung wird durch einen grünen metallischen Glanz ergänzt. Männchen und Weibchen verfügen über eine helle Behaarung, wobei die Männchen auf der Stirn behaart sind, was bei den Weibchen fehlt.
Die weiterverbreitete und häufige Art ist eine Hohlraumbewohnerin und damit auch in Siedlungsnähe zu finden. Trockenmauern, Totholz, Löss- und Lehmwände, Brombeerhecken, lockeres Gestein und andere Strukturen dienen ihr als Kinderstube. Sie braucht offene Stellen und nimmt mit großer Vorliebe künstliche Nisthilfen an. Auch alte Schuppen, Lochziegel, Schilfmatten und im Wandverputz sind sie zu finden.
Als Pollen- und Nektarquellen nutzt sie eine Vielzahl von Pflanzenfamilien, ohne ersichtliche Präferenz. Wie auch Blattschneiderbienen (Megachile spec.) sind Mauerbienen (Osmia spec.) mit Bauchbürsten ausgestattet, mit denen sie den Pollen sammeln. Den Nektar transportieren die Bienen für uns nicht sichtbar im Kropf.
Aktuell ist die Rostrote Mauerbiene aufgrund ihrer Häufigkeit und enormen Anpassungsfähigkeit nicht gefährdet. Dennoch möchte das Auswahl-Kuratorium mit der Entscheidung auf die Gefährdung von Wildbienen und deren generelle Bedeutung für die Bestäubung als Ökosystemdienstleistung hinweisen.

Die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung hat die Gemeine Skorpionsfliege (Panorpa communis) als Insekt des Jahres 2018 ausgerufen. Sie gilt gegenwärtig als nicht gefährdet. Diese faszinierende und anpassungsfähige Art steht stellvertretend für die etwa 33.000 bekannten Insektenarten in Deutschland.
Die vierflügelige Schnabelfliegenart lebt in Gebüschen, an Wald- und Wegrändern, Wiesen und in Brennnesselbeständen. Ihr Verbreitungsgebiet findet sich in ganz Mitteleuropa. Darüber hinaus ist sie in auf den Britischen Inseln, Teilen Skandinaviens, Russlands und in SO Europa beheimatet. Die Insekten erreichen eine Flügelspannweite von 25 bis 35 mm, eine Körperlänge von bis zu 3 cm und besitzen, wie der Gattungsname verrät, schnabelartige Mundwerkzeuge. Namensgebend für die ungefährliche Art ist das ausgeprägte Begattungsorgan des Männchens, welches seiner Forma nach an den Stachel eines Skorpions erinnert. Die deutlichen Unterschiede in der Erscheinung von Männchen und Weibchen nennt man Geschlechtsdimorphismus. Neben Nektar, Pollen, Kot und reifem Obst ernähren sich Skorpionsfliegen auch von anderen toten Insekten und Wirbeltieren.

Die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung hat die Europäische Gottesanbeterin (Mantis religiosa) als Insekt des Jahres 2017 ausgerufen. Sie unterliegt nach Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) und Bundeartenschutzverordnung (BArtSchV) besonderem Schutz. Daher ist sie zwar zum einen als bedrohte Art in auf der Roten Liste aufgeführt, zum anderen ist sie aber auch Profiteurin des Klimawandels.
Ihr Verbreitungsgebiet weitet sich auch in Deutschland seit den 1990er Jahren zunehmend aus. Das andächtig wirkende Weibchen der Raubinsekten erreicht eine Körperlänge von bis zu 7,5cm. Ihr wissenschaftlicher Name bedeutet übersetzt so viel wie “Religiöse Seherin“. Um eine Nährstoffnachlieferung für ihre Nachkommen zu sichern, frisst das Weibchen oft das Männchen nach der Paarung. Ihre Eigelege können bis zu 200 Eier enthalten. Zu den Beutetieren der Fangschreckenart gehören Frösche, Mäuse, Spinnen und Bienen. Die Europäische Gottesanbeterin verweist dort wo sie vorkommt, dass das jeweilige Biotop eine hohe Artenvielfalt hat und ist somit auch ein Anzeiger für einen gesunden Lebensraum.

Die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung hat den Dunkelbraunen Kugelspringer (Allacma fusca) zum Insekt des Jahres 2016 gekürt. Er wurde stellvertretend für die große Gruppe der Organismen ausgewählt, die für fruchtbare Böden sorgen. Durch die Wahl dieses Tieres will die Gesellschaft darauf aufmerksam machen, dass die Fruchtbarkeit der Böden weltweit zunehmend bedroht ist. Gründe dafür sind besonders die übermäßige und unsachgemäße Nutzung der Böden sowie der massenhaften Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln. Der nur 4 mm große Dunkelbraune Kugelspringer ist eine der unzähligen Lebensformen, die sich im Boden tummeln und dessen Fruchtbarkeit garantieren. Er ernährt sich von Zerfallsstoffen und trägt so zur Bildung von Humus bei, der ein zentraler Bestandteil fruchtbarer Böden ist.