Wildbienenarten
Biene ist nicht gleich Biene! Wildbienen sind die wilden Verwandten der Honigbiene und sie sind überaus artenreich. Allein in Deutschland sind 604 Wildbienenarten nachgewiesen (in der verlinkten Datei wird noch von 585 Arten gesprochen).
Anders als die Honigbienen leben die meisten Wildbienearten nicht in größeren sozialen Gruppen. Sie fliegen meist als Einzelgänger durchs Leben. Daher bezeichnen wir sie auch als Solitär- oder Einsiedlerbienen. Der Großteil der Wildbienenarten baut seine Nester eigenständig. Etwa 300 Wildbienenarten nisten im Boden oder in Steilwänden. Gut 100 Wildbienenarten suchen sich ihre Kinderstuben in markhaltigen Pflanzenhalmen oder im Totholz. Gern werden auch die alten Fraßgänge von Käfern genutzt. Die große Blauschwarze Holzbiene bohrt sich mit ihren scharfen Mundwerkzeugen eigene Löcher ins mürbe Holz.
Einige Hummeln nutzen Baumhöhlen, um dort ihre kleinen Staaten zu gründen. In der Welt der Wildbienen finden wir sogar Schneckenhausbewohnerinnen, wie die Goldene Schneckenhausbiene. Es gibt aber auch andere Strategien, um für die nächste Generation zu sorgen. 135 Arten von Wildbienen parasitieren an anderen Wildbienenarten und sparen sich so den Nestbau. Bei diesen Wildbienen sprechen wir von Kuckucksbienen, die ihre Eier ins gemachte Nest legen.
Die kleinsten Wildbienen in Deutschland sind nur 3 Millimeter groß, wie etwa die Winzige Schmalbiene. Andere Wildbienenarten haben eine Größe von bis zu drei Zentimetern. Wie auch Honigbienen sind Wildbienen bedeutende Bestäuber von Bäumen, Blumen und Nutzpflanzen. Bis auf Hummeln müssen Wildbienen aber keinen Honigvorrat verteidigen. Daher haben sie nur einen kleinen Wehrstachel, der es nicht vermag, die menschliche Haut zu durchdringen.
Bildnachweis: © Roland Günter (Garten-Wollbiene, Gewöhnliche Zwerg-Blutbiene, Juni-Langhornbiene, Gehörnte Mauerbiene, Bunte Blattschneiderbiene, Dunkelgrüne Schmalbiene, Rainfarn-Maskenbiene, Schuppenhaarige Kegelbiene, Dunkelfransige Hosenbiene, Stumpfzähnige Zottelbiene, Rotfühler-Wespenbiene); © Hans-Jürgen Sessner (Gemeine Pelzbiene, Buckel-Seidenbiene, Rostrote Mauerbiene); © Albert Krebs (Wald-Schenkelbiene)
Wildbienen-Kurzporträts
Wenn Sie auf der Suche nach umfangreicheren Beschreibungen heimischer Wildbienen sind, besuchen Sie unsere Unterseiten der Wildbiene des Monats und Wildbiene des Jahres.
Blattschneiderbienen (Megachile)
Die Weibchen schneiden kleine Stücke aus Blättern von Laubbäumen und kleiden ihre Nester damit aus. Die einzelnen Arten sind mit bloßem Auge schwer voneinander zu unterscheiden. Die meisten Arten sind beim Blütenbesuch wenig wählerisch, nur wenige sind hochspezialisiert. Die Niströhren sollten für diese relativ großen Bienen einen Durchmesser von 6–8 Millimeter haben. Beobachtungszeit ist im Frühsommer.
Hummeln (Bombus)
In Europa existieren etwa 70 Arten von Hummeln, 36 davon in Deutschland. Hummeln werden in Echte Hummeln und Schmarotzerhummeln eingeteilt. Letztere legen ihre Eier bei den Echten Hummeln ins Nest und lassen so ihre Brut großziehen. Wie bei Honigbienen gibt es bei Echten Hummeln eine Königin und einen Hofstaat aus Drohnen und Weibchen. Allerdings umfassen ihre Völker nur wenige Dutzend bis maximal sechshundert Individuen. Die Jungkönigin übersteht den Winter im Gegensatz zur Königin der Honigbiene alleine, ohne von ihren Arbeiterinnen gewärmt zu werden. Das geht nur dank eines Winterschlafs, der viel Energie verbraucht.
Löcherbienen (Heriades)
Löcherbienen sind auf den Pollen verschiedener Korbblütler spezialisiert. Die kleinen Bienen verschließen ihr Nest mit Harz, das teilweise mit Steinchen oder Pflanzenteilen vermischt wird. Diese Bienen bevorzugen Nistgänge von 3–4 Millimeter Durchmesser. Beobachtungszeit ist ab Juni.
Maskenbienen (Hylaeus)
Diese sehr kleinen Bienen sind kaum behaart. Sie sammeln den Pollen nicht an der Körperaußenseite, sondern verschlucken ihn und würgen ihn im Nest wieder hervor. Vor allem die Männchen tragen eine helle Gesichtszeichnung. Auch bei den Weibchen sind meist helle Streifen zwischen den Augen zu erkennen. Die Nester werden in sehr engen Röhren mit nur 3 Millimeter Durchmesser angelegt und mit einem cellophanartigen Drüsensekret verschlossen. Diese Bienen lassen sich ab Mai beobachten.
Mauerbienen (Osmia)
Diese Gruppe umfasst im deutschsprachigen Raum etwa 52 Arten. Zwei von diesen Mauerbienenarten lassen sich häufig an Nisthilfen beobachten und sind in Bezug auf ihre Blütenwahl wenig anspruchsvoll: Die Gehörnte Mauerbiene hat eine schwarz-rote Färbung, das Weibchen trägt zwei "Hörnchen" am Kopfschild. Die Rote Mauerbiene ist bräunlich-rot gefärbt und hat ebenfalls "Hörnchen". Beide verschließen ihre Nester mit Lehm und bevorzugen Nisthilfen mit einem Durchmesser von 6–8 Millimeter.
Pelzbienen (Anthophora)
Sehr selten kann man an künstlichen Nisthilfen auch die Frühlings-Pelzbiene bestaunen. Die Tiere wirken etwas wie Hummeln. Sind jedoch Haare der Sammelbürste an den Hinterbeinen erkennbar und hat sie eine gedrungene Gestalt, ist es eine Pelzbiene. Sie nutzt viele verschiedene Nahrungspflanzen, bevorzugt jedoch Borretsch- und Primelgewächse sowie Lippenblütler. Diese großen Bienen nutzen Bohrlöcher von 8 Millimeter Durchmesser. Beobachtungszeit ist von März bis Juni.
Scherenbienen (Chelostoma)
Die schwarze, schlanke Hahnenfuß-Scherenbiene (Osmia florisomne) ist an vielen Nisthilfen zu sehen. Diese Art sammelt ausschließlich an Hahnenfuß. In den Nestverschluss baut sie Steinchen mit ein. Besiedelt werden Niströhren von 3–5 Millimeter Durchmesser. Es gibt noch weitere, mit bloßem Auge schwer zu unterscheidende Arten dieser Gattung, die hauptsächlich an Glockenblumen Pollen sammeln. Wir können sie von April bis Juni beobachten.
Wollbienen (Anthidium)
Diese etwas gedrungenen Bienen sind gelbschwarz gezeichnet und am Thorax behaart. Die Weibchen besitzen auf der Unterseite des Hinterleibes eine Pollensammelbürste. Sie tragen Pflanzenhaare als Nistmaterial ein und so wirken die Nester wie in Watte gebettet. Die Männchen fliegen auffällig um Nahrungspflanzen herum und vertreiben andere Männchen und auch andere Arten, während sie auf paarungsbereite Weibchen warten. Besucht werden hauptsächlich Schmetterlings-, Lippen- und Rachenblütler. Nisthilfen sollten Nistgänge mit 6–8 mm Durchmesser anbieten. Die Beobachtung der Tiere an der Nisthilfe ist ab Juni möglich.
Wildbienen-Bestimmungsschlüssel für einige Arten an Nisthilfen
Wildbienenarten im Wildbienenschaugarten Schöneweide, Berlin
Feinschmecker und Allesfresser
Unter den Wildbienenarten zählen wir 175 Pollenspezialisten. Diese Bienen beschränken sich bei der Aufnahme des Blütenpollens auf wenige Pflanzenfamilien - diese Art der Futter-Spezialisierung nennen wir Oligolektie. Unter ihnen finden wir noch weitaus wählerische Wildbienenarten. So manche Bienenart trägt ihre Pollenvorliebe bereits im Namen. Die Zahntrost-Sägehornbiene, Rainfarn-Maskenbiene, Hahnenfuß-Scherenbiene oder Natternkopf-Mauerbiene verraten uns, mit welchen Pflanzen wir Bienen helfen können.
Wildbienenarten, die nicht auf einzelne Pflanzenfamilien beschränkt sind, werden zu den polylektischen Arten gezählt. Unter ihnen finden wir auch viele häufige Bienenarten. Die Dunkelgrüne Schmalbiene etwa sammelt an zwölf, die Zweifarbige Sandbiene an 15 und die Gewöhnliche Bindensandbiene sogar an 18 Pflanzenfamilien. Mehr unter Wildbiene des Monats.
Mit dem Verschwinden der Pflanzen aus unserer Kulturlandschaft verschwinden auch die Insekten. Besonders die Nahrungsspezialisten trifft dies mit voller Konsequenz. Denn viele Wildbienenarten können aufgrund ihrer Anpassung nicht auf andere Futterpflanzen ausweichen. Ohne diese sterben sie unweigerlich aus, selbst wenn es farbenfroh blüht und ideale Nistplätze vorhanden sind.
Hier finden Sie die top Bienenpflanzen, mit denen Sie Bienen helfen können. Weitere Informationen finden Sie auch auf der Website von Paul Westrich.
Doch Wildbienen brauchen nicht nur Nahrung. Zum Überleben brauchen sie geeignete Nistplätze und passendes Baumaterial. Da Nahrung, Nistplatz und Nistmaterial nur wenige Hundert Meter voneinander entfernt sein dürfen, sind Wildbienen auf Lebensraummosaike angewiesen.
Wie leben Wildbienen?
Wildbienenarten ähneln sich in ihren Lebenszyklen, auch wenn sie im Jahresverlauf zu unterschiedlichen Zeiten starten. Die ersten Erdhummeln und Blauschwarzen Holzbienen sind an warmen Tagen bereits im Februar unterwegs. Andere Wildbienenarten wie die Heidekraut-Sandbiene oder Efeu-Seidenbiene fliegen erst im September oder Oktober.
Allen pollensammelnden Wildbienenarten gemein ist die Brutpflege durch das Weibchen. Dieses sucht nach dem Schlüpfen einen geeigneten Hohlraum für die nächste Generation. Diesen nutzt sie, um Brutzellen herzurichten. Egal ob in offenen Mauerfugen oder Schneckenhäusern, 60 Zentimeter tief in der Erde oder in den Stängeln von Brombeersträuchern. In die Brutzellen trägt sie Pollen und Nektar ein und legt ein Ei zum Futtervorrat. Dann wird die Kammer geschlossen. Lehm, Sandkörner, Blattstückchen und körpereigene Sekrete dienen als Baumaterial. Es folgt die nächste Kammer. Die Nester werden am Ausgang auch gegen Fressfeinde oder parasitierende Feinde geschützt. Eine Leerzelle und ein kompakter Deckel des gleichen Baumaterials der Brutzellen sollen die Nachkommen schützen.
Vom Ei zur fertigen Biene
Das eingelagerte Pollenbrot der Brutkammern reicht als Nahrung für die gesamte Entwicklung vom Ei über das Larvenstadium bis zur fertigen Biene. Nach 4 bis 10 Tagen schlüpfen die Larven aus den Eiern. Diese wachsen binnen 2 bis 4 Wochen über mehrere Larvenstadien bis zur Puppe. Vor dieser Ruhephase spinnen die Larven der meisten Arten einen Kokon aus Seide. Durch den Kokon geschützt kann sich nun die Verwandlung zur ausgewachsenen Biene vollziehen. Die meisten Wildbienenarten fliegen nur wenige Wochen und in einer Generation im Jahr. Manche vollbringen auch eine zweite Generation binnen einer Saison. Unter ihnen finden wir viele Sand,- Schmal- und Wespenbienen. Die zweite Generation dieser Wildbienenarten ist dann auf spätblühende Wildpflanzen angewiesen. Den größten Teil eines Kalenderjahres sind Wildbienen allerdings in ihren Brutzellen mit der eigenen Entwicklung zur fertigen Biene beschäftigt.
Die Männchen benötigen einen kürzeren Zeitraum für ihre Entwicklung als die Weibchen. Daher verlassen sie das Nest zuerst. Darauf folgen die Weibchen. Diese werden oft von paarungswilligen Männchen direkt am Nestausgang erwartet. Besonders eindrücklich ist dies bei Frühlingsseidenbienen am Boden oder den Rostroten Mauerbienen an künstlichen Nisthilfen zu beobachten. Anschließend bauen die Weibchen ihre eigenen Nester und legen Eier. Sie sterben meist bevor ihre Nachkommen schlüpfen. So ergibt sich bei den meisten Wildbienenarten ein einjähriger Lebenszyklus.
Wildbienenarten können Schmarotzer oder selbst Wirt sein
Neben „Kuckucksbienen“ wie Wespen-, Kegel- oder Düsterbienen gibt es eine Reihe weiterer hochspezialisierter Lebewesen, die sich bei einem Bienenwirt einnisten. Zum Beispiel nutzen auch Schlupfwespen, Dickkopffliegen und Wollschweber die Lebensweise vieler Bienen für ihr eigenes Fortbestehen.
Eine weitere Nutznießerin von Wildbienen ist die Taufliege „Cacoxenus indagator“. Sie ist eine Futterdiebin. Leidtragende sind die beiden Bienenarten Rote Mauerbiene (Osmia bicornis) und Gehörnte Mauerbiene (Osmia cornuta). Das Taufliegen-Weibchen hält sich stets in der Nähe vom Nesteingang auf. In einem günstigen Moment legt es bis zu 8 Eier in die Brutzellen der Mauerbiene. Die Fliegenlarven futtern dann den Proviant der Mauerbienen restlos auf. Der entstandene Futtermangel kann die Nachkommen der Mauerbienen empfindlich reduzieren.
Das Verhalten von Schmarotzern mag niederträchtig wirken, ist jedoch vorrangig Ausdruck für die vielfältigen Anpassungen und die Artenvielfalt unserer heimischen Tierwelt, die es nicht nur zu bestaunen, sondern auch zu schützen gilt.
So können sie Bienen helfen!
Die Hälfte der heimischen Wildbienenarten ist in ihrem Bestand gefährdet. Viele Arten sind bereits ausgestorben. Die Gründe dafür sind vielfältig. Wir können das Rad der Zeit nicht zurückdrehen, aber mit einfachen Mitteln können wir für viele Wildbienenarten neue Lebensräume schaffen.
Neben dem Pflanzen von heimischen ungefüllten Wildstauden für das ganze Jahr, können wir den kleinen Hautflüglern strukturreiche Lebensräume anbieten. Aus eigener Erfahrung wissen wir, dass schon kleine Eingriffe große Wirkung entfalten können. Stehendes und liegendes Totholz, Lesesteinhaufen, Wasserstellen, gebündelte Pflanzenstängel, kleine Sandlinsen und künstliche Nisthilfen finden in jedem Garten und auf jedem Balkon Platz. Aber schon das Nichtstun hilft. Der Verzicht auf chemische Dünger, Pestizide und torfhaltige Erde und das Zulassen von Pflanzdynamiken wird Bienen helfen. Lassen sie zusätzlich wilde Ecke stehen, in denen Bienen und Co. überwintern können. So braucht es nur kurze Zeit, um auch vor der eigenen Haustür die Vielfalt der Wildbienen erleben zu können.
Wie sie proaktiv werden können, finden sie auf unseren Websites: Bienenschutz +++ Naturgärten +++ Deutschland summt!-Pflanzwettbewerb +++
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